„Krieg liegt in der Luft“: Gorbatschow veröffentlicht leidenschaftlichen Apell – schreibt unter anderem: ‚Wenn Politik Krieg zur Folge hat, dann muss so eine Politik weg.‘

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Politik


Der ehemalige Staatschef der Sowjetunion Michail Gorbatschow hat in einem Beitrag für die russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ die aktuelle politische Lage als äußerst besorgniserregend bezeichnet. Laut Gorbatschow hat das Jahr 2020 erst begonnen, aber die Welt stand schon zweimal kurz vor einem direkten Zusammenstoß der Großmächte.

Gorbatschow zufolge sind vermehrt Stimmen zu hören, die Krieg und die Anwendung von Gewalt gutheißen. Auch das Loblied auf Atomwaffen würde wieder angestimmt. „Es liegt ein Geruch von Krieg in der Luft.“ Er verweist auf die Ereignisse im Iran, im Irak und in Syrien. Ist dies die alte Politik „Balanceakt am Rande eines Krieges“, fragt sich Gorbatschow, und hält dies für gefährlich und abenteuerlich.

An dieser Stelle bezieht sich Gorbatschow auf den anhaltenden Ost-West-Konflikt.

„Der Westen gibt Russland an allem die Schuld, und Russland wiederum dem Westen. Die USA steigen aus dem Abkommen zur Rüstungsbeschränkung aus. Kampfflugzeuge nähern sich immer öfter fremden Grenzen, Schiffe kommen einander gefährlich nahe, mit Raketen wurden mehrmals Zivilflugzeuge abgeschossen.“

Um der Macht willen seien die Falken zu allem bereit. Der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz soll einst gesagt haben: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“ Heute wäre Clausewitz wohl mächtig darüber erstaunt, wie man sich im 21. Jahrhundert hinter seinen Worten versteckt, so Gorbatschow.

„Wenn Politik Krieg zur Folge hat, dann muss so eine Politik weg“, schreibt er weiter.

Das Gebot der Stunde sei es nun, sich zu besinnen. Man müsse mit jeglichen Taten aufhören, die eine Katastrophe herbeiführen –, genau dies sollten verantwortungsbewusste Politiker den Völkern auch anbieten.Im Moment sei dies besonders wichtig, zumal die Welt einer globalen und äußerst gefährlichen Bedrohung ausgesetzt sei – der Coronavirus-Pandemie. Laut Gorbatschow konnten „wir uns erneut davon überzeugen, wie zerbrechlich die globale Welt ist und wie groß die Gefahr ist, im Chaos zu versinken“. Dem müsse die Menschheit mit Verstand, Solidarität und gemeinsamen Handel entgegentreten.

„Eine besonders große Verantwortung liegt bei den Großmächten. Es ist äußerst schade, dass die führenden Politiker der USA und von Großbritannien das Angebot von Wladimir Putin ausgeschlagen haben, anlässlich der 75. Siegesfeier nach Moskau zu kommen. Sie haben die Chance abgelehnt, mit anderen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates die derzeit besorgniserregende Lage zu besprechen und die Erklärung über die Unzulässigkeit eines Atomkrieges zu bekräftigen“, schreibt Gorbatschow.

Dessen ungeachtet hoffe er weiterhin darauf, dass Verantwortung über Abenteuertum und Verstand über Chaos die Oberhand behalten werde, so Gorbatschow abschließend.